Wenn in Thüringen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz Anträge auf Wohngeld bearbeitet werden, sind die Server in den Rechenzentren der HZD schwer am Arbeiten. Denn das IT-Verfahren, das dafür im Verborgenen arbeitet und die Wohngeldbehörden bei der Bearbeitung von Wohngeldansprüchen unterstützt, kommt aus Hessen. Die Anfänge des hessischen Wohngeldverfahrens gehen in die 1970-er Jahre zurück. Damit gehört es zu den ältesten Eigenentwicklungen der HZD. Inzwischen bildet es von der Eingabe über die Berechnung bis hin zur Auszahlung den kompletten digitalen Antragsprozess von Wohngeldanträgen ab und hat sich zu einem echten Exportschlager gemausert. Neben Hessen nutzen das Verfahren auch die Länder Thüringen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz. In diesem 4-Länder- Entwicklerverbund wird es gemeinsam weitergedacht und um zukunftsfähige Technologiekomponenten ergänzt.
Wohngeldverfahren
Ein hessischer Exportschlager
Aushängeschild Webanwendung
Gestartet ist die Wohngeldberechnung als Großrechnerverfahren: Bis 2009 arbeitete man in Hessen dazu mit dem Großrechner im HZD-Rechenzentrum. Danach stellte die HZD die Software auf ein Webverfahren um. Ergebnis war HeWoG-Web, eine Java-basierte Webanwendung, die neben der Wohngeldberechnung erstmals eine anwenderfreundliche Plausibilisierung der Antragsdaten, umfangreiche Auskunfts- und Ausgabefunktionen und verschiedene Schnittstellen zu anderen Verfahren bot.
Als auch in Thüringen das Aus für den Großrechner absehbar wurde, machten sich die Verantwortlichen auf die Suche nach einer neuen Lösung. Da das Wohngeldverfahren bundesweit gültig ist, war es naheliegend, über den Tellerrand zu schauen und an bereits vorhandenem Know-how zu partizipieren. Mitte 2015 wurde die Zusammenarbeit mit dem hessischen Nachbarn per Kooperationsvertrag besiegelt. Von der Leistungsfähigkeit und den durchdachten Funktionen überzeugt, traten 2017 auch Brandenburg und 2022 Rheinland-Pfalz als Partner bei. Mit Ausnahme von Thüringen, das die Software im eigenen Rechenzentrum betreibt, verantwortet die HZD für die Partner den kompletten Betrieb und hostet zentral, sodass alle Wohngeldstellen der vier Bundesländer das hessische Wohngeldverfahren eWoG einsetzen können. Die gemeinsame Nutzung erweist sich als ausgesprochen effizient, da sie den Betrieb für alle beteiligten Länder deutlich kostengünstiger macht als das im Alleingang möglich wäre.
„Seit Dezember 2017 nutzen die 39 Wohngeldbehörden im Land Brandenburg mit dem eWoG eine bereits in Hessen und Thüringen angewandte und bewährte Software zur Erledigung der ihnen vom Land übertragenen Aufgabe der Durchführung des Wohngeldgesetzes. Den Wohngeldbehörden und dem MIL steht mit der HZD ein kompetenter Partner für den programmtechnischen Support zur Verfügung, um das von Bürgerinnen und Bürgern beantragte Wohngeld zügig bewilligen und auszahlen zu können.“
Mit der Zeit gehen
Doch wie gelingt der Sprung aus der hessischen Kinderstube hinein in die deutsche Verwaltungslandschaft? Ein wesentlicher Erfolgsgarant sei die kontinuierliche Weiterentwicklung des Produkts gewesen, betont HZD-Projektleiter Ralf Köhler: „Ein Fachverfahren wie eWoG kann über die Jahrzehnte nur funktionieren, wenn wir mit dem rasanten technologischen Wandel Schritt halten. Wir sind vom Großrechnerverfahren gekommen, über Disketten gegangen, haben es zu einem Webverfahren weiterentwickelt und befinden uns mit der OZG-Anbindung nun mitten in der Welt der Onlineservices“, so Köhler. „Gedanklich sind wir aber schon mit dem Thema ‚Managed Services‘ als nächste Ausbaustufe beschäftigt.“
Seit 2023 unterstützt das Verfahren die vollständige OZG-Integration. Die über Onlineanträge eingegebenen Daten der Bürgerinnen und Bürger fließen also direkt und vollständig ins Fachverfahren, was die Bearbeitung erheblich beschleunigt und vereinfacht. Diese Anbindung war kein leichtes Unterfangen, hatten die Entwicklungsteams in der HZD doch unter erschwerten Pandemie- Bedingungen zu arbeiten und parallel mit der Heizkostenreform noch eine umfangreiche Gesetzesnovelle in das Verfahren einzuarbeiten.
„Die länderübergreifende Kooperation ermöglicht dem Land Rheinland-Pfalz, die immer komplexer werdende Materie des Wohngeldrechts mit einem qualitativ guten Fachverfahren der HZD zu bearbeiten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes und des Registermodernisierungsgesetzes. Für die Zukunft erhoffen wir uns zudem weitere Effizienzsteigerungen durch KI-basierte Lösungen. Bei all diesen Aufgabenstellungen stellt uns die HZD ihr spezialisiertes Expertenwissen zur Verfügung. Dies wäre in einer landeseigenen Lösung wirtschaftlich und personell nicht darstellbar.“
Austausch auf Augenhöhe
Die Weiterentwicklung des Verfahrens übernimmt die HZD natürlich nicht im Alleingang. Bei der 4-Länder-Kooperation haben sich im Laufe der Jahre die vier für das eWoG zuständigen Ministerien in den beteiligten Bundesländern zu einem eingespielten Team entwickelt, das nach dem Pyramiden-Prinzip und mit rollierender Verantwortung arbeitet. Anforderungen werden aus der Arbeitsebene bis hoch in die Lenkungskreise getragen. Hier arbeiten fachliche, technische und rechtliche Expertinnen und Experten Hand in Hand, um in regelmäßigen Treffen aktuelle Notwendigkeiten und Ziele gemeinsam festzulegen.
Die technische Umsetzung übernimmt wiederum die HZD. Sie arbeitet im Auftrag und in enger Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, welches Hessen in der länderübergreifenden Zusammenarbeit vertritt. Diese Struktur stellt sicher, dass die Kooperation effizient und zielgerichtet arbeitet. Zudem fördert die Zusammenarbeit die Standardisierung von Prozessen, was sich positiv auf die Qualität und die Effizienz der Wohngeldbearbeitung auswirkt.
Das sei nicht immer so einfach, wie es klingen mag, erläutert Karin Schaffer, die das Anwendungsmanagement in der HZD verantwortet: „Wir müssen immer wieder auch den Spagat meistern, eine Software bereitzustellen, die allen Anforderungen gerecht wird, gleichzeitig für alle nutzbar ist und sich noch dazu in einem vertretbaren finanziellen Rahmen bewegt. Dank der geregelten Entscheidungsprozesse klappt das in der Regel aber sehr gut“, so Schaffer. „Allerdings kommen gerade gesetzliche Änderungen gerne mal sehr kurzfristig und erfordern eine schnelle Umsetzung. Da heißt es dann, agil und entsprechend flexibel an die Sache heranzugehen.“ Hier kommt der HZD zugute, dass sie das Verfahren seit so vielen Jahren erfolgreich und mit umfassender IT- und Verwaltungsexpertise betreibt, was sie innerhalb der Kooperation nicht umsonst zu einem Technologie-Partner macht, der auf Augenhöhe mit den allen Beteiligten kommuniziert und die Verantwortlichen zielführend berät.
„Die länderübergreifende Zusammenarbeit hat sich bewährt. Sie ermöglicht die Bündelung fachlichen Knowhows und eine wirtschaftliche Umsetzung. Die HZD war dabei in den letzten Jahren stets ein verlässlicher und wertvoller Partner, der der Kooperation immer über das erwartbare Maß hinaus mit Rat und Tat zur Verfügung stand.“
Alle Zeichen auf KI
Die Reise der gemeinsamen Wohngeld- Kooperation ist auch nach dem ersten Jahrzehnt noch lange nicht zu Ende. Zu den wichtigsten Vorhaben zählt weiterhin die kontinuierliche Optimierung und Digitalisierung des Verfahrens. Bis zum Jahresende wird mit der Anbindung an die E-Akte außerdem die Möglichkeit bestehen, am Ende des Antragsprozesses die Daten automatisch in einer digitalen Akte zu speichern.
Langfristig nimmt die HZD gemeinsam mit den Kooperationspartnern auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz ins Visier, um die Servicequalität zu erhöhen und die Bearbeitungszeiten zu verkürzen. Die ersten „Proofs of Concept“ sind dafür bereits in Arbeit. Und so viel ist jetzt schon sicher: Die nächste Gesetzesnovelle kommt bestimmt. An Stillstand ist also auch weiterhin nicht zu denken.
„Die Kooperation bietet die Möglichkeit, verschiedene Blickwinkel aus den vier Bundesländern für die erfolgreiche Weiterentwicklung und Pflege des Wohngeldfachverfahrens einzubringen und so die hohe Qualität des Wohngeldfachverfahrens (H)eWoG weiter zu verbessern. Mit der HZD steht der Kooperation ein zuverlässiger und kompetenter Partner zur Seite. Insbesondere bei der komplexen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes hat sich gezeigt, dass die HZD mit ihrem Know-how erfolgreich neue Schnittstellen pilotieren und als Vorreiter eine medienbruchfreie Übertragung der Online-Anträge in das Wohngeldfachverfahren erreichen konnte.“