„Die heute beschlossenen Regelungen sind der Durchbruch für ein modernes E-Government in Deutschland: [...] Das ist ein großer Schritt hin zu der modernen Verwaltung, die die Menschen von uns erwarten.“ Mit diesen Worten brachte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Dezember 2016 auf den Punkt, was der Kabinettsbeschluss zur Erarbeitung eines Onlinezugangsverbesserungsgesetzes in Gang setzen sollte. Im August des darauffolgenden Jahres wurde das Onlinezugangsgesetz verabschiedet. Das als OZG bekannte Regelwerk verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 über entsprechende Portale auch in digitaler Form bereitzustellen. Mit dem gerade bundesweit in der Abstimmung befindlichen OZG-Änderungsgesetz wird die OZG-Umsetzungsfrist bis Ende 2022 gestrichen und der Weg zur Verwaltungsdigitalisierung als Daueraufgabe geöffnet.
OZG
Ein Blick zurück nach vorn
Große Aufgabe mit vielen Aspekten
Mit der Verabschiedung des OZG hatte sich Deutschland ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Konkret galt es, über 6.000 Leistungen der verschiedenen Verwaltungsebenen in einer gemeinsamen IT-Struktur zusammenzuführen. Entsprechend umfangreich war die Aufgabenliste, die sich für die Akteure des groß angelegten Digitalisierungsvorhabens ergab.
Zur Umsetzung der OZG-Vorgaben war es mit der Entwicklung von Onlineformularen für analoge Services wie die bisher üblichen Papieranträge nicht getan; das war nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs. „Unter der Wasseroberfläche“ musste die technische Grundlage für die neue Form der Verwaltung geschaffen werden – mit einer ganzheitlich gedachten IT-Struktur und einem interoperablen Datennetzwerk aus Portalen, Schnittstellen, Basis- und Spezialdiensten (wie der Online-Antragserfassung) sowie Backend-Komponenten für Fachverfahren oder zur Vorhaltung von Daten.
Als zentraler IT-Dienstleister der hessischen Landesverwaltung war die HZD beim Projekt „OZG-Umsetzung“ von Anfang an im Boot. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit bildete die Entwicklung flexibel kombinierbarer Lösungsbausteine, die als Schlüsselelemente für die technische Umsetzung der Digitalisierung fungieren. So konnte die HZD bis Ende 2022 eine multidimensional ausgelegte Infrastruktur aufbauen, um alle Einzelkomponenten des breit gefächerten Angebots an Verwaltungsleistungen sinnvoll einzubetten.
Baukasten für die Verwaltungsdigitalisierung
In einem Prozess wie der digitalen Transformation sind möglichst vielseitig einsetzbare Komponenten gefordert, die spezifisch für bestimmte Prozessschritte genutzt und nach Bedarf miteinander kombiniert werden können – wie bei einem Baukasten. Nach diesem modularen Prinzip hat die HZD im Auftrag der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung die Technische Digitalisierungsplattform (TDP) entwickelt.
Herzstück der TDP ist die Integrationsplattform. Sie verknüpft bestehende Serviceangebote und ermöglicht über standardisierte Schnittstellen und Adapter die einfache Integration weiterer Lösungsbausteine. Auch die Einbindung von externen Services und IT-Verfahren anderer Nachnutzung der sogenannten EfA-Leistungen (Einer für Alle) anderer Bundesländer nachhaltig unterstützt. Im Rahmen der TDP-Integrationsplattform werden darüber hinaus neue Standard-Lösungsbausteine nach den Anforderungen der Verwaltung entwickelt und betrieben. Prominentestes Beispiel ist der Rückkanal, der eine gesicherte digitale Bescheidzustellung von der Behörde zu den Antragsstellenden ermöglicht.
Im zentralen MAP finden Mitarbeitende der hessischen Landesverwaltung eine neue Seite mit zahlreichen Informationen rund um die TDP. MAP > Fachinformation > IT > IT-Governance > Technische Digitalisierungsplattform – TDP
SaaS-Lösung für Fachinformationssysteme
Mit der FISBOX®-Modulfamilie bietet die HZD eine standardisierte, flexible Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) für Fachinformationssysteme und damit eines der zentralen Digitalisierungswerkzeuge zur OZG-Umsetzung. Die vier Module – die Basiskomponente FISBOX® DATA, das Geschäftsmodellierungs-Werkzeug FISBOX® FLOW, die Webanwendung FISBOX® WEB und das Geoinformatik-Tool GISBOX® – unterstützen in vielfacher Hinsicht die inter-nen Abläufe der Verwaltung. Als Gesamtpaket stellt sie eine Geschäftsprozessplattform zur Verfügung, über die sich die gesamte Wertschöpfungskette für die Nutzerinnen und Nutzer von Verwaltungsleistungen darstellen lässt.
Unter dem Dach der FISBOX® bietet die HZD vier Komponenten an: FISBOX® DATA, FISBOX® FLOW, FISBOX® WEB und GISBOX®. Zusammen mit zahlreichen Anwendungsmodulen ermöglichen sie eine größtmögliche Bandbreite an Fachinformationssystemen für die Bedarfe einer digitalen Verwaltung.
Zentrale Elemente zur Antragserfassung
HessenDANTE – eine weitere Entwicklung der HZD – bildet den Kern der technischen Infrastruktur. Neben Softwarekomponenten für den Betrieb digitaler Antragsverfahren stellt diese Lösung auch unterschiedliche Schnittstellen zur Verfügung, die für die Antragsstellung benötigt werden, etwa zur Weiterleitung der erfassten Daten an die jeweiligen Fachverfahren oder zur elektronischen Zustellung von Bescheiden.
Mit EfADANTE hat die HZD seit August 2021 einen weiteren Baustein für die OZG-Umsetzung im Portfolio, die dem „Einer für Alle“-Gedanken entgegenkommt. Über diese Plattform betreibt Hessen unter anderem ein Antragsverfahren zur Ausfuhr von Kulturgütern, Medizinprodukten und Arzneimitteln, das im Auftrag des Hessischen Finanzministeriums für das Themenfeld "Zoll und Steuern" entwickelt wurde und allen Bundesländern zur Verfügung steht.
In Sachen Online-Verfügbarkeit aller OZG-Leistungen gehört Hessen im bundesweiten Vergleich zu den Spitzenreitern. Zum aktuellen Stand der Digitalisierungsvorhaben in Deutschland informiert das Dashboard Digitale Verwaltung.
Gute Basis für die nächsten Schritte
Mit der flächendeckenden Bereitstellung von Informationen und Services im digitalen Format wird die Transformation der Verwaltung nicht enden. Wie in der Wirtschaft wird sich auch hier die gesamte Arbeitsweise verändern und neue technische Entwicklungen erforderlich machen. Die Digitalisierung ist ein fortlaufender Prozess. Darum sollte bei noch anstehenden und neu geplanten Vorhaben das Hauptaugenmerk auf der Schaffung möglichst offener digitaler Strukturen liegen, die sich an veränderte Ansprüche anpassen lassen.
Die HZD ist für die kommenden Herausforderungen, die sich unter anderem aus der Strategie für die Digitale Verwaltung in Hessen (DVH) ergeben, gut aufgestellt. Zu den zentralen Handlungsfeldern für 2023 und die folgenden Jahre gehören – neben der weiteren Aufrüstung der Technischen Digitalisierungsplattform – die Cloud-Transformation der Landesverwaltung und der Aufbau der Verwaltungscloud Hessen (VCH), mit der ein sicheres Umfeld für die gemeinschaftliche Nutzung von Informationen und Services geschaffen wird.
Bei der OZG-Umsetzung muss auch der rechtliche Rahmen im Blick behalten werden, der durch die EU gesteckt wird. So hat sich – unter anderem durch den Aufbau des Single Digital Gateways (SDG), eines einheitlichen europäischen Verwaltungsportals – die ohnehin schon hohe technische Komplexität des bundesdeutschen Digitalisierungsvorhabens noch weiter erhöht.
Autoren des Beitrags
Dr. Udo Ornik
Abteilungsleiter Landesverfahren
Alexander Pockrandt
Bereichsleiter Kunden-, Projekt- und Architekturmanagement