In der laufenden Legislaturperiode verantwortet der Geschäftsbereich der Ministerin für Digitale Entwicklung und Strategie (HMinD) rund 1,2 Milliarden Euro für Digitalisierungsvorhaben – die Digitalmilliarde. Ein standardisierter und übergeordneter Prozess zur effizienten Beantragung und Verfolgung der Digitalmilliarde ist eine Voraussetzung, um das Budget erfolgreich zu managen. Mit der HZD hat der Geschäftsbereich dafür eine webbasierte Anwendung agil entwickelt. Sie nutzt das von der HZD entwickelte Management-Informations-System (MIS) als Integrationsplattform. INFORM sprach dazu mit Martina Böhme, der zuständigen Abteilungsleiterin im HMinD.
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Datenbank Digitalmilliarde
INFORM: Frau Böhme, Sie leiten die Abteilung „Konzeption und Koordination“ im Geschäftsbereich der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. In Ihrer Abteilung ist u.a. der Bereich „Digitalisierungshaushalt und -controlling“ verortet. Was „controllen“ Sie?
Böhme: Die Landesregierung hat im Koalitionsvertrag beschlossen, die mit dem digitalen Wandel verbundenen Chancen aktiv zu nutzen und zu gestalten. Daher wurde unser Haus 2019 neu geschaffen, um die Digitalisierungsmaßnahmen der Ressorts stärker zu bündeln und mögliche Synergien zu heben, zentrale Digitalprojekte fachlich und finanziell zu unterstützen und mit den Ressorts gemeinsam neue Projekte anzustoßen. Zum Steuern dieser Digitalisierungsoffensive gehört auch ein gutes Controlling, das wir mit unserem 2020 veröffentlichen Konzept konsequent verfolgen. In enger Abstimmung mit allen Ressorts ist es inzwischen gelungen, nicht nur die über die Digitalmilliarde finanzierten Projekte, sondern auch alle sonstigen digitalen Vorhaben der Ressorts in einer Datenbank zu erfassen. Damit steht für Hessen erstmals ein umfassender Überblick aller Digitalisierungsmaßnahmen des Landes zur Verfügung. Dies ist bundesweit einmalig!
INFORM: Was genau müssen wir uns unter der sogenannten „Digitalmilliarde“ vorstellen?
Böhme: Die „Digitalmilliarde“, genau genommen sind es bis 2024 rund 1,2 Milliarden Euro, bildet das Budget für die zentralen Digitalisierungsvorhaben der Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode ab. Dieses Budget wird jährlich im Einzelplan des Ministerpräsidenten, aufgeteilt nach Programmen und Ressorts, ausgewiesen. Damit wird erstmalig in komprimierter Form transparent, welche Aktivitäten mit den zur Verfügung gestellten Ressourcen realisiert werden. Dies umfasst beispielsweise die großen Infrastrukturthemen Breitband und Mobilfunk, den digitalen Hochschulpakt, das OZG/DMB-Projekt, das Innovationsprogramm DISTR@L oder das kommunale Förderprogramm „Starke Heimat Hessen“. Zudem sind weitere Projekte unter der Programmlinie Digitale Strategie Hessen zusammengefasst, aktuell über 250 vielfältige Digitalisierungsvorhaben. Dies reicht von der KI-gestützten Modernisierung der Polizeiarbeit im Innovation Hub 110 über Digitalisierungsprojekte in der Landwirtschaft bis hin zur Förderung des Quantencomputings oder dem Aufbau eines KI-Innovationslabors.
INFORM: Wie wurde bisher die „Digitalmilliarde“ verwaltet?
Böhme: Die Digitalmilliarde gibt es erst seit der Gründung unseres Geschäftsbereichs. Insofern gibt es keinen direkten Vorläufer. Bisher wurde das gesamte IT-Budget in den jeweils zuständigen Ressorts verwaltet. Durch die Bildung der Digitalmilliarde ist es nun erstmals gelungen, Fach- und Budgetverantwortung miteinander zu verknüpfen und eine fachliche Budgetsteuerung zu etablieren. Ein Novum in Deutschland! Durch die Hinzunahme fachbezogener, strategischer Aspekte bei der haushaltsseitigen Bewertung der Maßnahmen sind neue Entscheidungsaspekte und Akteure in den Prozess integriert worden. Um die Hebung von Synergien als auch die strategischen Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, sind dafür erfolgreich neue Budgetsteuerungs- und Controlling-Prozesse und eine strukturierte Datenvorhaltung etabliert worden.
INFORM: Mit der MIS-Datenbank, einer gemeinsamen Entwicklung mit der HZD, haben Sie ein neues „Werkzeug“ an der Hand. Welche Vorteile hat diese Controlling-Plattform für Sie?
Böhme: Die eben angesprochene Datenstrukturierung kann nur mittels eines geeigneten Tools erfolgen, das die besonderen Informationsbedürfnisse des Landes abbildet. Dazu haben wir uns in einem agilen Austausch mit der HZD entschlossen, alle mit dem Prozess verbundenen Anforderungen sukzessive in die Datenplattform zu integrieren. Neben der reinen Datenvorhaltung und dem Informationsaufwuchs wollen wir durch die Integration von weiteren Arbeitsprozessen für alle Beteiligten das Informationsmanagement deutlich vereinfachen und qualitativ verbessern. Nur so ist es möglich, Entscheidungsprozesse auf fachlich-strategischer als auch auf budgetärer Basis optimal voranzutreiben. Wir wollen die Potenziale durch die Digitalisierung über alle Ressorts des Landes zeitnah sichtbar machen, nicht nur für unser Haus. Mit dem in Kürze folgenden Rollout eines volldigitalisierten Beantragungsprozesses können wir gemeinsam mit den verantwortlichen Akteuren die Informationen für die Fachgespräche durch standardisierte Berichte aufbereiten und so den Informations- und Abstimmungsaufwand erheblich reduzieren.
INFORM: Warum haben Sie sich bei Ihrer Datenbank für die MIS-Plattform entschieden?
Böhme: MIS wird in der HZD als Projektmanagement-Tool erfolgreich eingesetzt. Die Technologie ist also bekannt und hat sich bewährt. Wir konnten sie an unsere Bedürfnisse des strategischen Managements gut anpassen.
INFORM: Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung wurden sehr schnell weitere Bereiche in Ihrer Abteilung integriert. Was war die Motivation?
Böhme: Digitalisierung ist ein sehr dynamischer Bereich. Nach dem organisatorischen Aufbau mit Fokus auf die budgetären Informationsbedürfnisse haben wir zunächst zahlreiche Datenquellen konsolidiert und strukturiert. Mit dem Konzept des Strategischen Digitalisierungscontrolling, das als wesentlichen Punkt die regelmäßige Berichterstattung über die Projektverläufe beinhaltet, wollen wir den Blick weiten auf die tatsächlichen Fortschritte unserer Digitalstrategie. Die MIS-Plattform bietet dazu viele Optionen.
INFORM: Zu Jahresbeginn wurden auch die Ressorts an die Datenbank angebunden. Welche Vorteile sehen Sie für die Nutzerinnen und Nutzer in den Ressorts?
Böhme: Für alle ein Gewinn! Wir sind jetzt in der Lage, vielfältige Informationen zentral für alle vorzuhalten und nutzbar zu machen. Dies erweitert den Horizont aller Akteure und schafft einen Überblick über den Fortgang der Digitalisierung in Hessen. Gleichzeitig können wir die zugehörigen Arbeitsprozesse strukturiert abbilden und der zunehmenden Informationsflut Herr werden. Nicht nur die Veränderungsdynamik hat sich enorm erhöht, pandemiebedingt erleben wir auch eine Ausweitung der mobilen Arbeitsweise mit dezentralen Strukturen. Hier ist der einfache Zugriff auf aktuelle und verbindliche Informationen umso wichtiger.
INFORM: Die Datenbank birgt noch weit mehr Potenzial. Wo sehen Sie die neue Plattform bis Ende des Jahres?
Böhme: Wir beginnen erst, die neuen Möglichkeiten zu erschließen – vom Antragswesen für Budgets und neue Maßnahmen bis hin zu medienbruchfreien Bearbeitungsprozessen. Neben der Einbindung dieser Vorteile möchten wir die Datenbank als Bündelung des strategischen IT-Wissens ausbauen, um darauf in anderen Kontexten – seien es neue Technologien, zusätzliche Budgets oder organisatorische Weiterentwicklungen – schnell wieder zugreifen zu können und die Akteure zusammenzubringen. Auch für die angeschlossenen Ressorts möchten wir mithilfe geeigneter Standardberichte die Arbeit erleichtern. Das spart dezentral viel Arbeit bei gesteigertem Nutzen. Insofern kann dieses Tool als Blaupause für eine agile Organisation und Arbeitsweise dienen. Das Schlagwort der Digitalisierung in diesem Zusammenhang lautet Skalierbarkeit, da es unabhängig vom Thema ressortübergreifend Fach- und Budgetinformationen bündelt. Mit der HZD haben wir einen versierten Partner für Standardisierungen an unserer Seite.
Das Projekt Datenbank Digitalmilliarde konnte aufgrund seiner agilen Durchführung und der Nutzung von MIS als Integrationsplattform zeit- und kosteneffizient durchgeführt werden. Dabei blieb das Referat „Digitalisierungshaushalt und -controlling“ über die komplette Projektdurchführung fortlaufend als Product Owner in das Projekt-Kernteam integriert. Typische Risiken einer Anwendungsentwicklung wurden so ausgeschlossen, beispielsweise kommunikative Missverständnisse – gerade in Pandemiezeiten – oder schlimmstenfalls ein Entwickeln „am Kunden vorbei“. Die iterative Konzeption von Anforderungen ermöglichte außerdem ein sehr schnelles Reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen.
Die Web-Anwendung SDC steuert über sechs verschiedene Nutzer-Rollen derzeit 46 (Web-)Seiten mit definierten Prozessen im Berichts-, Antrags- und Freigabewesen, die beispielweise automatische Datenaktualisierungen, Berechnungen oder User-Benachrichtigungen auslösen. Die zugrundeliegende Datenbank besitzt aktuell über 780 Felder, verteilt auf 43 Entitäten. Das Potenzial ist damit noch lange nicht ausgeschöpft.
- Mehrjährig bestehendes Entwicklungsverfahren mit entsprechender Erfahrung und Know-how
- Agile Projektdurchführung mit iterativer Auslieferung inkl. Testing
- Bestehende und flexibel ausbaufähige technische Infrastruktur
- Einhaltung sämtlicher Landesvorgaben
- Erreichbarkeit der Web-Anwendung über die gesamte Landesverwaltung hergestellt inkl. Anbindung an itshessen und das Active Directory hessen.de
- Multimandantenfähigkeit und bestehende Konzepte zur Rollen- und Berechtigungsvergabe
- Bereits existierende, individualisierbare Konzepte zur Menüführung, Navigation, Barrierefreiheit und Usability
- Digitale Abbildung festgelegter Prozesse inkl. Datensatzsperrung zum revisionssicheren Dokumentenexport möglich